23. Januar 2010

Hartz IV: Sozialamtschef versteht Koch-Kritik nur in einem Punkt

Der, von Hessens Ministerpräsident Roland Koch angeheizten Diskussion um Hartz IV, und die Forderung nach einer strengeren Arbeitspflicht und harten Sanktionen für (angeblich) arbeitsunwillige Leistungsbezieher, konnte sich in den letzten Wochen wohl kaum jemand entziehen. Die Medien waren voll davon und trotz der angebrachten Entrüstung aus allen Teilen der Gesellschaft, fanden sich leider oft genug auch sogenannte (selbsternannte?!) Experten, die, durch weitere unvernünftige Spitzfindigkeiten, das Thema noch weiter anzuheizen versuchten. Da ist es dann wirklich erfreulich, dass "Experten" wie der Chef des Wiesbadener Sozialamtes, Franz Betz, als auch der Chef der Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen der Bundesagentur für Arbeit, Kay Senius, sich öffentlich gegen Roland Kochs Forderung stellen und gegenüber Medien, wie dem 'Wiesbadener Kurier' und der 'Thüringer Allgemeine', Klartext sprechen!

Unterstützt die Petition gegen die ELENA-Datenberge!

Bezugnehmend auf meinen Artikel vom 26.Dezember 2009 möchte ich auf einen Artikel vom CCC hinweisen: 'Unterstützt die Petition gegen die ELENA-Datenberge!'
Für Insider und Kurzentschlossene hier der direkte Link zum Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages: Datenschutz - Aufhebung des elektronischen Entgeltnachweises (ELENA).

The Quiet Coup (The Atlantic - 5/2009)

Ein empfehlenswerter Artikel von Simon Johnson, über ungebremstes Wirtschaftswachstum und die daraus resultierenden Konsequenzen, den Politiker wie Westerwelle und Co., besser mal lesen und davon lernen sollten.

FDP und Kalifornien ( ... ohne Glanz und Glamour )

Bei näherer Betrachtung ist der liberale amerikanische Bundesstaat Kalifornien der Inbegriff von einem FDP-Land. Kaliforniens politisches Establishment regierte jahrelang primär nach der Devise: Steuern runter! -  und so gab es Steuergeschenke, dass es nur so krachte! Der Markt wird es schon richten! Zu sehen bekommt die Welt Kalifornien protzig und attraktiv - so zu sagen, immer up to date. Und mit Gouverneur Schwarzenegger, hat (Amerikas Elite-Stadt) Kalifornien, einen redegewandten Vorzeige-Helden auf dem politischen Parkett, der seinesgleichen sucht. Ein "Terminator" wird sich in der deutschen Regierung wohl eher nicht finden lassen, sehr wohl aber "kalifornische" Ambitionen beim kleinen Koalitionspartner FDP! Denn auch der deutsche Außenminister Westerwelle und seine liberalen Partei-Freunde, verfolgen für ihre deutsche Klientel, eine ähnlich radikal maßlose Steuersenkungspolitik, wie jene von Schwarzeneggers Republikanern. Dumm nur, dass bei allem kalifornischen Glanz und Glamour, es hinter der Fassade gar nicht gut ausschaut - trotz der tollen Verheißungen irgendwelcher (selbsternannter?) Experten, ist Kalifornien "bankrott"! Kein amerikanischer Staat hängt so am Tropf von Washington, wie gerade der von Schwarzenegger - ohne Subventionen würde da mal gar nichts mehr gehen! Was wäre nun das Fazit zur FDP-Politik?! Viel Glanz? Viel Glamour? Das wohl eher nicht! Schließlich entlarvt sich liberale Politik regelmäßig selber als Klientelpolitik! Betont wird in ihrer Öffentlichkeitsarbeit vornehmlich der Mittelstand, doch (real) beim genaueren Hinsehen und -hören, eröffnet sich ein ganz anderes Bild der Dinge. Da sind es gerade die ganz Großen der Wirtschaft, für die sich die liberale Partei stark macht. Die auf die Zustimmung der Liberalen bauen können. Und selbst wenn das eine oder andere mittelständische Unternehmen noch von liberaler Politik in Deutschland profitieren kann, für den "Rest" gibt es nichts zu gewinnen. Doch ist dies ganz im Sinne vieler FDP-Politiker - frei nach dem Motto: Haben und Nichthaben! Teilen ist weniger im Geiste liberaler Politik - jedenfalls liegt der Wille zu einem gleichberechtigteren Teilen, liberalen Politikern hierzulande, ferner denn je! Zwar sind alle gleich, aber für die FDP sind manche dann doch gleicher! Und so verfolgen sie in diesen hochsensiblen Zeiten, die ganz besondere Anforderungen an alle stellen, ihre politischen Ziele mit den ewig gleichen, alten, wie vermufften Rezepten. Rezepte, die lediglich ihre Klientel (kurzfristig) zuverlässig bedienen, ansonsten aber nichts anderes als noch mehr gesellschaftliche Armut bedeuten und Entwicklungsstillstand auf Gebieten, die unverzichtbar für das menschliche Fortbestehen sind. Überhaupt nicht auf dem Plan hat die Politik, und allen voran eben die FDP, das Wohlbefinden der Menschen. Dabei sollte gerade das individuelle Glück eines Jeden, das damit verbundene Wohlbefinden und die daraus resultierende Zufriedenheit der Gesellschaft, das Bestreben eines jeden Politikers sein. Und nicht das wirtschaftliche Wachstum! Wirtschaftliches Wachstum fördert ab einem gewissen Punkt immer Ungleichheit.Wird ein Maximum an Wachstum angestrebt wie in der BRD und von den Liberalen gefordert, kommt es zwangsläufig auch zu einer maximalen Ungleichheit in der Gesellschaft. Eine Ungleichheit, die u. a. von jemanden wie FDP-Generalsekretär Lindner als positiv beurteilt wird. Hatten die Liberalen in den letzten Jahren bis zu den Wahlen, den Menschen noch das Blaue vom Himmel herunter versprochen und oft genug mit ihrem 'fast 400 Vorschläge zum Sparen' aufgetrumpft, so findet sich heute dazu im Koaliationsvertrag nichts. Stattdessen erleben die Menschen, wie bereits erwähnt, eine ziemlich verantwortungslose Klientelpolitik. Und nach 100 Tagen in der Regierungskoallition, sind die Umfragewerte der FDP von 14% auf gerade noch 10% gefallen. Weiter so!!!

Hartz IV - Wenn die Seele stirbt

Folgenden Artikel habe ich auf trueten.de gefunden. Der Bericht ist zwar schon etwas älter, doch so lange es Hartz IV gibt, ist und bleibt der Artikel aktuell und sollte jeden zum Nachdenken bewegen. Und hoffentlich auch endlich zum Handeln!

Hat die Erwerbslosigkeit und das Leben unter Hartz IV Auswirkungen auf das physische und psychische Wohlbefinden der Betroffenen ?
Vermutlich gibt es darüber verschiedene Auffassungen, bei den Betroffenen aber ist die Meinung einhellig ja.

Nach dem Arbeitsplatzverlust kam für die meisten sicher erst einmal der Fall ins Ungewisse. Bekomme ich wieder eine Arbeit? Wie lange werde ich arbeitslos sein? Werde ich meine Lebensstandart halten können? Werde ich jetzt arm werden? Wie wird es weitergehen? Die Angst vor der Arbeitslosigkeit treibt die meisten schon vor dem Eintritt der Arbeitslosigkeit herum. Angst ist der Indikator unserer Zeit. Bei den Meisten, beginnt die Angst mit dem täglichen Gang zum Briefkasten. Wieder ein Brief von Job-Center oder Rechnungen die man gar nicht mehr bezahlen kann? Aus dieser Angst heraus hat es besonders zu Beginn der Hartz-Gesetze eine Vielzahl von Suizidhandlungen gegeben, die die Öffentlichkeit bestürzten. Dass man im Laufe der letzten fünf Jahre, in denen nun Hartz IV seine Wirkung entfaltet hat, kaum noch etwas von Suizidhandlungen hört, mag einerseits daran liegen, dass sich viele an dies Lebensform gewöhnt haben, der große Schreck vor der Veränderung verloren ging. Zufriedenheit findet heute auf einem wesentlich niedrigen, unnötig heruntergewirtschafteten Niveau satt. Andererseits heißt es aber nicht, nur weil nichts mehr davon zu hören ist, es diese Suizidalhandlungen nicht mehr geben muss. Mit Sicherheit passen sie nicht in das so pfleglich behandelte Bild, dass die Zusammenlegung von Sozial- und Arbeitslosenhilfe der ganz große Wurf in der Sozialgesetzgebung der letzen Jahre gewesen sei. Zudem würden solche Meldungen in der Gesellschaft den einen oder anderen doch zum Nachdenken veranlassen, und der wäre dann ja nicht so leicht zu manipulieren.

Mit dem Eintritt in die Arbeitslosigkeit verbinden die meisten erst einmal noch die Hoffnung, baldmöglichst wieder eine Arbeit zu bekommen. Die älteren Arbeitnehmer sind, wenn sie realistisch sind, da schon vernünftiger und machen sich keine großen Illusionen mehr. Spätestens aber nach einem Jahr in der Erwerbslosigkeit erkennen die Betroffenen, dass für sie der Zug der Erwerbstätigkeit abgefahren ist. Sie sind an der Endstation angekommen. Am Abstellgleis. Sie erleben die täglichen Enttäuschungen dauernder Absagen, die oftmals schikanösen Behandlungen in den Job-Centern, den Ärger dauernd falscher Bescheide und erkennen, meist unbewusst, dass sie überhaupt nicht arbeitslos sind, sondern erwerbslos. Arbeit mit Behörden und Bescheiden haben sie meist mehr als vor ihrer Erwerbslosigkeit. Nur bezahlt werden sie dafür nicht. Was ihnen fehlt, ist die bezahlte Erwerbsarbeit, die ihnen auch das Überleben sichert.

Aber was macht es mit ihnen? Zeit im Überfluss, mit der sie aber wegen der wirtschaftlichen starken Einschränkungen nichts anfangen können. Für die meisten ging das Gerüst Struktur verloren. Während der Erwerbsarbeit war der Tagesablauf durchstrukturiert. Morgens aufstehen, Frühstücken, zur Arbeit gehen, Mittagspause, Feierabend…, Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat, Jahr für Jahr mit Ausnahme der Wochenenden und des Urlaubs dasselbe Ritual. Man hatte sich daran gewöhnt. Alles hatte seinen festen Gang, hatte seine Ordnung. Was erkennen wir daran? Dass eine gewisse Ordnung, eine Struktur im Leben sehr wichtig ist. Aber wie können wir lernen, uns diese Struktur im Erwerbslosenleben selbst zu geben? Uns selbst ein Gerüst zu geben, ist auch mit einem Höchstmaß an Disziplin verbunden. Diese müssen wir aber ganz neu erlernen. Ein Leben in der Erwerbslosigkeit und speziell in Hartz IV erfordert schon ein hohes Maß an Charakterstärke, um nicht unter zu gehen und sich nicht selbst gehen zu lassen. Diese Charakterstärke besitzen anfänglich nur die wenigsten und muss häufig ganz neu erlernt werden.

Erwerbsarbeit heißt zu der Gesellschaft zu gehören, anerkannt werden, sich etwas leisten können, Teilhabe an der Gesellschaft. Ihr durch die Erwerbslosigkeit und ein Jahr später durch Hartz IV nicht mehr anzugehören, empfinden viele als Schmach.

„Denn nichts lähmt und schwächt derart wie die Schmach. Sie gräbt an der Wurzel an und untergräbt jede Tatkraft. Sie degradiert Menschen zu beliebig beeinflussbaren Objekten und reduziert alle, die unter ihr leiden, zu wehrlosen Beute. Daher der Reitz der Mächtigen, sich ihrer zu bedienen und sie zu verbreiten. Die Schmach erlaubt es, Gesetze aufzustellen, ohne auf Gegner zu stoßen, und sie dann zu übertreten, ohne Protest befürchten zu müssen. Die Schmach führt in eine ausweglose Situation, sie verhindert jeglichen Widerstand. Die Scham sollte an der Börse gehandelt werden, sie ist ein wichtiger Grundstoff des Profits“.


Dieses Zitat stammt aus dem preisgekrönten Werk „Terror der Ökonomie“ von Viviane Forrester, das sie bereits 1996, also zu einer Zeit als es noch kein Harzt IV gab, geschrieben hat. Heute ist es aktueller denn je.

Bei Vielen, die als Langzeitarbeitslose gelten, hat diese lange Zeit der Erwerbslosigkeit deutliche Spuren hinterlassen. Entruckturierter Tagesablauf, Lustlosigkeit, latente bis sichtbare Depressionen, Hoffnungslosigkeit, Kraftlosigkeit, der schleichende Verlust von Lebensfreude und die eben beschriebene Schmach, oder Scham hat die Verhaltensweisen der Betroffenen nachhaltig negativ verändert. In wieweit psychosomatische Auswirkungen der Betroffenen auf das alltägliche Leben einwirken, scheint bis dato noch nicht erfasst. Überhaupt ist es die Langzeitwirkung der Erwerbslosigkeit, mit der bewusst jeder Stolz, jedes Selbstbewusstsein, jedes Selbstwertgefühl, jede Handlungsaktivität zerstört wird. Die Schikanen der Job-Center als Instrument der Unterstützung, die Wünsche und Machtinstinkte der Industrie und Wirtschaft in praktischer Weise umzusetzen, fördern diese Entwicklung zum gebrochenen Menschen geradezu. Medienhetze und Politikerschelte, ganz gezielt und zeitlich punktuiert immer wieder eingesetzt, fördern ein Feindbild in der Gesellschaft, gegen das sich die Betroffenen durch ihre geschwächte Position und erniedrigte psychische Situation kaum noch wehren können. Langzeitarbeitslose werden als die Sozialschmarotzer unserer Gesellschaft geächtet.
Menschen die jahrelang, oft Jahrzehnte lang gearbeitet haben, ihre Beiträge zur Sozialversicherung bezahlt haben, wurden durch den Prozess der skrupellosen, entsolidarisierten Profitgier Ihrer Arbeitgeber, der Industrie und Wirtschaft ihrer Arbeit und ihres Lebensinhaltes beraubt. Sie müssen sich für den Erhalt staatlicher Transferleistungen, die sie unter normalen Umständen überhaupt nicht nötig hätten, öffentlich verunglimpfen, beschimpfen und vorführen lassen. Das Mittel der gesellschaftlichen Entsolidarisierung, betrieben durch z.B. Deutschlands größte Tageszeitung, die überall, derzeit für 0,60€, zu erwerben ist, als Teil eines Medienkonglomerats des Axel Springer-Verlags und der Bertelsmanngruppe im Verbund mit SAT1, PRO7 und RTL und immer wiederkehrenden Äußerungen von Selbstdarsteller unserer Republik, welche größtenteils Mitglieder der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ (gemeint ist natürlich weniger soziale Marktwirtschaft) sind, klappt in Deutschland auffallend gut. Egal ob Medienhetze, Politikerschelte, Sarrazins Ernährungstipps für ausgewogene Mahlzeiten, oder die Studien zweier Chemnitzer Professoren, es wird keine Möglichkeit ausgelassen, Erwerbslose und Hartz IV-Emfpänger öffentlich zu denunzieren wo es nur geht. Deutschland hat aus seiner Geschichte überhaupt nichts gelernt. Nur heute geschieht das alles wesentlich subtiler.

Bei den meisten Hartz IV-Empfängern hat die Langzeitarbeitslosigkeit die gravierendsten Spuren hinterlassen. Von der anfänglich erwähnten Strukturlosigkeit, beklagen die meisten auch den schleichenden Verlust der Lebensfreude, Energie, Begeisterungsfähigkeit und Interessen an Dingen, die ihnen früher Freude machten. Dies resultiert vorwiegend aus dem Druck andauernder materieller Zwangsenthaltsamkeit, der systematischen Auszehrung, sich ganz normale Dinge nicht mehr leisten zu können. Hobbys die vor der Erwerbslosigkeit gepflegt werden konnten, mussten danach aufgegeben werden. Also Dinge die einem Freude bereitet haben, an denen man Interesse hatte, die einen Ausgleich zum beruflichen Alltag schafften und die neue Kontakte zu Menschen mit selben Interessen schaffte, ging verloren. Austritte aus Vereinen, Sport, Kultur und anderen Interessengebieten waren und sind die Folge. Die soziale Isolation, die Tatsache nicht über die Dinge sprechen zu können, die einen bedrücken, die langanhaltende Zwangsverzicht, die emotionelle und materielle Armut, die Schmach Scham und Angst sich öffentlich zu der eigenen, oftmals unverschuldeten Situation öffentlich zu bekennen, macht das Leben für Viele zur Qual. Die Beschwerden und Entwicklungen sind bei den verschiedenen Bedarfsgemeinschaftstypen oftmals ähnlich und doch auch wieder verschieden. Hauptsächlich unterscheidet man zwischen Familien, Mehrpersonenbedarfsgemeinschaften, Singlehaushalten, Jugendlichen und Kindern. Am gravierendsten sind die Entwicklungen jedoch bei Familien, Singlehaushalten und Jugendlichen. Aber auch zwischen Männer und Frauen gibt es deutliche Unterschiede, wie ihnen ihr Hartz IV-Dasein zu schaffen macht. Ebenfalls gib es Erhebungen zwischen Erwerbstätigen und Erwerbslosen über die Häufigkeit und Art der Beeinträchtigungen. Besonders oft wird berichtet, dass der Bewerbungsdruck, die Abhängigkeit von Arbeitsamt und Job-Center, die Fülle von Sanktionen, die Laune der Fallmanager, der durch Hartz IV ausgeübte Zwang zur Arbeit, welcher in der Regel jedoch nie eine Festanstellung bringt, die andauernde Gängelung, die Entmündigung, die Zwangserziehung, die Entdemokratisierung, also der reine Gehorsam, am meisten auf die Seele und das Gemüt schlagen. Von vielen ehemaligen Hartz IV-Empfängern hört man, wenn sie aus den Mühlen dieses Systems gefallen sind, sei es durch Arbeitsaufnahme, oder Frühverrentung, dass eine unheimliche Last von ihnen gefallen wäre, sie eine unglaubliche Erleichterung spüren würden.

Diese Aussage alleine verdeutlicht wohl am besten, wie sehr Hartz IV die Menschen demütigt und bedrückt, ihnen jede Lebensfreude, Hoffnung, und Würde nimmt.

Die hauptsächlichen Unterschiede zwischen Familien, Singles und Kinder/ Jugendlichen liegen in folgenden Punkten :

Probleme in Familien:

Familiärer Zusammenhalt zerbricht, Zwischenmenschliche Beziehungen leiden unter der Situation, Man redet nicht mehr miteinander, Überforderung der täglichen Dinge, Ungeduld, Gereiztheit, emotionale Verwahrlosung, finanzielle Sorgen nehmen überhand, Sorgen um das tägliche warme Essen, reicht es für alle, reicht es bis zum Monatsende ? Eltern mit eigenen Problemen überfordert, jeder lebt für sich, Kinder werden zu Last, keine Erholung, Urlaub mehr, keine Privatsphäre mehr, Aggressionen gegen Familienmitglieder untereinander, Geld für Schulsachen, Essensgeld, Ausflüge, usw. fehlt. Das soziale Gerüst innerhalb der Familie zerfällt.
Ausnahmen gibt es, aber wenige halten dem Dauerdruck stand

Probleme bei Singles - Frauen und Männern:

Verstärkte Existenzängste, Tendenz zur Vereinsamung, Sozialer Rückzug, Trauer, Tendenz zu depressiven Verstimmungen, Sucht nach Geborgenheit, Wärme, menschliche Nähe, Verstärkter Wunsch nach kommunikativem Austausch, Geselligkeit, Partnersuche sehr erschwert, besonders für Männer außerhalb Hartz-IV Bereich fast unmöglich, anfälliger für psychische Erkrankungen durch Isolationsempfinden, Oftmals Tendenzen zu psychischen Erkrankungen wie Derealisation, Depersonalisation, schizoidem Verhalten, Herabsetzung der Psychognomie,(Erlebnisqualität) Herabsetzung der Viliganz,(Grad der sinnlichen und geistigen Reitzbarkeit) , Veränderung der Verhaltensweisen hin zu latent infantilem Benehmen als Ausdruck der Sucht nach gewollt werden, Geborgenheit, in den Arm genommen werden, Anerkennung, Aufmerksamkeit, beschützt werden wollen, Liebe erfahren,

Probleme bei Jugendlichen:

Verstärkte Abkehr von den Eltern, innerer Rückzug, emotionale Verwahrlosung durch sich selbstüberlassen sein, niedrigere Frustrationstoleranz, verstärkter Hang zur Gewalt und Kriminalität, Verstärkte Tendenz zum Jugendalkoholismus, Abzocken, klauen, erpressen, saufen gelten als „übel geil“. Suche nach Anerkennung bei Gleichaltrigen, immer mehr verstärkte Kinder- und Jugendarmut, Ausgegrenztheit, Schulangst, nicht mehr erreichen eines Schulabschlusses als Zeichen der Hoffnungslosigkeit, daraus folgt keine Ausbildung oder Studium, In Schulen wird das Ausfüllen von Hartz V-Anträgen geübt, was für eine pädagogisch wertvolle Arbeit ? Perspektivlosigkeit, Hoffnungslosigkeit, Minderwertigkeitsgefühle, Leistungs-verweigerung, Depressionen, Psychische Probleme in der Adoleszenz, auffallende Häufung von Empfehlungen für Einweisung in die Jugendpsychiatrie,

Bei den Mehrpersonenbedarfsgemeinschaften (also z.B. Wohngemeinschaften) sind die Probleme durch die Ausgewogenheiten und Vielfalt der Mitbewohner aufgeteilt in Geschlecht, Nationalität und Alter oftmals am besten zu meistern, da hier keine direkte persönliche Verpflichtung besteht, dem andern zu helfen. Die Möglichkeit, es ohne moralischen Druck trotzdem tun zu können, erleichtert die Lösung von Konflikten und Problemen enorm und die Freiwilligkeit der Hilfe bringt oft erträgliche Lösungen für die Hilfesuchenden. Das Gefühl, da ist jemand, mit dem ich reden kann, nicht alleine zu sein, Geborgenheit in einer Gemeinschaft zu erleben macht stark und solidarisiert. Hiervon können Singles in ihrem täglichen einsamen Leben zu Hause nur träumen, wenn sie nicht gelernt haben mit dieser Situation umzugehen und sich nicht zu organisieren.

Beschwerden Erwerbstätige:

  • Umfrage: von 226 Erwerbstätigen 19% demoralisiert
  • Keine entstrukturierte Zeitgestaltung
  • 9% trinken regelmäßig Alkohol
  • In 1000 Versicherungsjahren:
  • 116 Krankheitstage wegen psychiatrischen Erkrankungen
  • 12% stationäre Leistungstage im Kalenderjahr
  • Risiko früher zu versterben: 09%
Beschwerden Erwerbslose
  • Umfrage: von 226 Erwerbslosen 43% demoralisiert
  • 48% Zeitgestaltung entstrukturiert
  • 46,8% trinken täglich Alkohol
  • In 1000 Versicherungsjahren: 876 Krankheitstage wegen psychiatrischer Erkrankungen
  • 36% stationäre Leistungstage im Kalenderjahr
  • Risiko früher zu versterben: 47%
Beschwerden Frauen, erwerbslos
  • Psychiatrische Erkrankungen: 12%
  • am häufigsten wegen Entbindungen, 57% deutlich mehr als bei erwerbstätigen Frauen: 14%
  • Alkoholabhängigkeit bei erwerbslosen Frauen: 14%
  • Bei erwerbstätigen Frauen: 03%,
  • 36% stationäre Leistungstage im Kalenderjahr
Beschwerden Männer, erwerbslos

  • Psychiatrische Erkrankungen: 41%
  • Erkrankung wegen Alkohol, Medikamenten- und Drogenkonsum, Alkoholpsychosen, Leberschäden, Psychosen, Neurosen,
  • 17% stationäre Leistungstage im Kalenderjahr
Zusammenfassend kann man sagen:

Hartz IV ist Tötung durch Armut. Das mag sich zunächst brutal anhören, ist aber eine Tatsache. Alleine dass die wahrscheinliche Sterberate bei Erwerbslosen und Armen um ein vielfaches höher ist, als bei Arbeitenden und Normalverdienern, belegt diese Aussage.

Es ist oftmals ein langsames, leises Sterben. Es beginnt mit dem Verlust jeglicher Lebensfreude, Begeisterungsfähigkeit, Empfindungen, Interesse an Dingen, die eigentlich reizvoll wären, Es mündet oft in Desinteresse, Teilnahmslosigkeit, Lustlosigkeit, Trägheit, Depression, Kraft- und Energielosigkeit und steigert sich ,oft selbst unbemerkt, in unregelmäßiger Nahrungsaufnahme mit einem Essen, dem es an jeglichen gesunden Nährstoffen fehlt. Gesunde Ernähung ( Obst, Gemüse, Fisch u. v. m.) ist auf Grund mangelnder ökonomischer Verhältnisse gar nicht möglich. Erkrankungen kommen oft auch durch mangelnde ärztliche Vorsorge, weil oftmals nicht mal mehr die 10.-€ Praxisgebühr aufgebracht werden können. So wird Vieles schleifen gelassen, bis es oftmals zu ernsthaften gesundheitlichen Beeinträchtigungen kommt. Zahnersatz kann schon gar nicht mehr garantiert werden. Mit mangelhaftem und von Zahnlücken übersätem Gebiss kann keine dauerhafte gesunde Ernährung mehr erfolgen. Wenn nicht der Freitod gewählt wird, so sorgen schon der Verzehr von billigem Fraß für ein verfrühtes Ableben. Kummer, Sorgen, Gram und Angst sorgen für das Übrige.

Durch den Bezug der Hartz IV-Leistung fühlen sich die meisten ausgegliedert aus einem System, das ihnen Sicherheit, Geborgenheit und auch ein Stück Heimat gab. Durch die gesellschaftliche Ausgrenzung, durch öffentlich propagandierte Ächtung, durch Armut bis zum Lebensende, durch die Abschiebung in eine Parallelgesellschaft hat für die meisten der Begriff der Geborgenheit und Heimat seine Bedeutung verloren. Sie sind Heimatlose im eigenen Land, in dem sie durch ein Armutsgesetz gefangengehalten werden. Welcher Hartz IV-Empfänger wird sich einmal wieder einen Urlaub leisten können, wird er jemals noch einmal in seinem Leben das Meer sehen, die Alpen besteigen können, wann wird er wieder einmal Paris, London oder San Fransisco sehen ? Und wie ist das eigentlich mit Weihnachten ? Die Sorgen der Familien mit den Eltern, die ihren Kindern aber auch jeden Wunsch abschlagen müssen, gar nicht zu vergessen. Der immer gleiche Trott, nie eine Abwechslung, nie einmal etwas schönes erleben, kein Ausflug, kein Biergarten, kein Kino, kein Theater oder Musical, kein Auto, keine uneingeschränkte Beweglichkeit , womit haben Hartz IV-Bezieher das alles eigentlich verdient?

Neue zwischenmenschliche Kontakte sind für Hartz IV-Empfänger außerhalb ihres Kreises kaum noch möglich. Sie können finanziell nirgends mithalten, ein Hartz IV-Mann kann eine Frau, falls sie sich überhaupt mit ihm abgibt, kaum zum abendlichen Essen in ein schönes Lokal einladen. Von anderen Dingen ganz zu schweigen. In einer von Konsum orientierten Welt, kann ein Hartz IV-Empfänger überhaupt nicht mehr bestehen. Er muss mit den selben Regeln leben, muss den selben Wettkampf bestreiten und wird doch an seinem Fortkommen so brutal gehindert. Vermittlungen durch Job-Center finden überhaupt nicht statt, und findet mal ein Hartz IV-Empfänger eine der seltenen Chancen eine feste Arbeit ohne Abhängigkeit von staatlichen Transferleistungen zu bekommen, werden ihm mit allen Mittel vom Job-Center Steine in den Weg gelegt. Job-Center sind in Deutschland nichts anderes als Job-Verhinderungscenter und Handlanger der Industrie – und Wirtschaft. Das einhalten von Gesetzen und Regeln ist nicht ihr Ding. Und da fragt sich noch einer, was das mit den Betroffenen macht?

Sind die Hartz IV-Emfpänger nicht die wirklichen Leistungsträger dieser Gesellschaft? Sie ermöglichen durch ihren Zwangsverzicht einer Gesellschaft, die sie verstößt und an ihnen verdient, doch erst, dass sie diese Leistungen und Gewinne erbringen können. Hartz IV-Emfänger sind nicht die Wunschkinder dieser Gesellschaft, und so werden sie auch behandelt, wie ungewollte, ungeliebte Kinder.

20. Januar 2010

Haiti bebt, und plötzlich ist alles ganz anders?

Haiti, ehemals einträglichste Kolonie von Frankreich, ist in den letzten Tagen in aller Munde. Die Medien überbieten sich gegenseitig mit Bildern von Grauen und Armut. Aber warum braucht es ein Erdbeben, um die fürchterlichen Bedingungen, unter denen die Haitianer leben müssen, in unser Bewusstsein zu rücken?
Von den rund neun Millionen Einwohnern lebten bereits vor dem Erdbeben über 65 Prozent der Bevölkerung unterhalb der absoluten Armutsgrenze. Rund 50 Prozent der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter sind arbeitslos. Ein Drittel der Menschen erreicht nicht einmal das 35.ste Lebensjahr, denn die Hälfte der Menschen ist unterernährt und nur Wenige haben Zugang zu sauberen Trinkwasser. Sieben Millionen trinken aus hochgiftigen Tümpeln. In den Slums gilt das Recht des Stärkeren. 225.000 Kinder leben auf Haiti als Sklaven. Die Toten liegen oft tagelang auf der Straße. Haiti hat die höchsten Durchseuchungszahlen für AIDS in der Karibik. In vielen Berichten, auch im Internet, wird erzählt, das die Menschen in Haiti Lehm mit Butter vermischen, um diese 'Lehmkuchen' zu essen. In Wahrheit kann sich dort kaum jemand Butter leisten. Das 'Rezept' für diese 'Lehmkuchen' besteht aus Lehm, billiger Margarine und etwas Salz, ein ungesundes Gemisch, welches schließlich in der Sonne getrocknet wird. Ein Lehrer verdient am Collège Suisse (einer Schweizer Hilfseinrichtung!) rund 60 haitianische Dollar pro Monat.  (Das sollen ca. 13 Schweizer Franken sein). Leitwährung ist der US-Dollar. Dafür bekommt man fast alles. Der Haitianische Gulden hat keine signifikante Bedeutung. Weil ihnen der Gulden zu profan ist, haben die Haitianer einfach vier Gulden zu einem Haiti-Dollar gemacht, (den es offiziell gar nicht gibt!). Und ein US-Dollar sind wiederum (mehr oder weniger) 16 Haitianische Dollar. Das BIP (Brutto-Inlands-Produkt), betrug 2008 690 US-Dollar pro Kopf. Umgerechnet 1,89 Dollar am Tag. Wobei, wie das bei Statistiken so ist, hat von zehn Leuten, einer zehn Euro, so hat statistisch jeder einen Euro.
Wobei ich hier keinesfalls den Eindruck erwecken will, die jetzt angelaufene Hilfe für Haiti schlecht machen zu wollen. Aber anscheinend braucht es immer erst ein großes Unglück, z. B.  in Form einer Umwelt-Katastrophe, um uns Westler zur Hilfe zu bewegen. Also einen, nach unseren Maßstäben, moralisch vertretbaren Grund! Helfen, einfach weil es jemanden schlecht geht? Selber schuld! Verhungernde Menschen, weil vom Neokolonialismus ausgeplündert? Sollen doch arbeiten gehen! Abgeschlachtet von diktatorischen (politischen oder auch religiösen) Kräften? Sollen sich doch selber helfen! Die Liste könnte man beliebig verlängern. Die Beispiele dafür auch: Darfur, Mynmar/Birma usw. Verfolgt man die Debatten in Deutschland über innenpolitische Themen, beispielweise Hartz4, Arbeitslose, Arbeitnehmerrechte, tendiert leider die allgemeine Meinung immer mehr zu 'Jeder für sich, und ich zuerst'.
(Billow&Checkdisk)