11. März 2010

Sexuellen Missbrauch wird es immer geben!

In den letzten Tagen kommen beinahe täglich neue Missbrauchsfälle ans Licht, die sich vorwiegend in katholischen Lehrinstituten, aber auch in anderen schulischen Einrichtungen und Heimen abgespielt haben.
Und wieder einmal ist der Umgang von Seiten der Politik und den Medien eher verstörend als hilfreich. Vor etwas mehr als einem Jahr, stürzten sie sich gemeinsam auf das Thema "Kinderpornografie" und eilig wurde von der Politik ein wenig effektives Gesetz aus dem Boden gestampft. Selbiges Gesetz ist nun längst wieder auf dem Prüfstand, da inzwischen sogar damalige Befürworter gemerkt haben, das es Schrott ist. Stellt sich die Frage, geht es hier um Schnellschüsse oder um effektive Hilfe/Nutzen für die Betroffenen.
Diesmal stürzen sich Politik und Medien auf die sexuellen Missbrauchsfälle in schulischen (und anderen) Einrichtungen. Es wird also wieder nur ein Teilbereich der Problematik herausgepickt und angesprochen. Dabei zieht sich das Thema durch alle Teile der Gesellschaft, geht jeden etwas an! Außen vor gelassen wird der wahrscheinlich für alle am schwierigsten anzugehende Bereich, der familiäre. Wie soll dort geholfen werden? Und was ist mit den Menschen, die heute zwar erwachsen sind, in ihrer Kindheit aber im familiären Umfeld missbraucht und misshandelt wurden? Vielleicht wird es den einen oder anderen Leser ins Grübeln bringen, wenn er oder sie, folgende Zeilen liest, die hier mit Erlaubnis einer Betroffenen, die über viele Jahre missbraucht wurde , auf Schlag-Seiten veröffentlicht werden...

"Die Scham ist riesengroß und du wirst von Schuldgefühlen überwältigt! Es ist wie es ist, es geschieht einfach. Nacht für Nacht kommt er und du spürst, es ist nicht ok! Jemand muß helfen - aber wer kann helfen? Wer wird helfen? Oma - Fehlanzeige! Tante - Fehlanzeige! Cousinen - Fehlanzeige! Die Klassenlehrerin - Fehlanzeige! Die Frau vom Jugendamt - ebenfalls Fehlanzeige! Mama ist nicht mehr da! Und der Nachbar schaut sich Nackedei-Badewannen-Super 8-Filme (die Papa von mir gemacht hat), gemeinsam mit Papa an. Alle wissen Bescheid - niemand hilft! Im Gegenteil! Oma sagt, Papa hat keine Frau. Und ich bin sein Eigentum und er kann mit mir tun und lassen was er will! Und ansonsten solle ich den Mund darüber halten, es geht niemand anderen etwas an!
Und überhaupt, sagte sie, sei ich schuld daran, wenn es Papa schlecht ginge. Ich sei genauso wie meine Mutter! Und meine Tante? Sie will davon nichts wissen. Sie hat genügend mit der eigenen Familie zu tun, da kann sie meine Probleme nicht auch noch gebrauchen. Trotzdem bekomme ich auch von ihr gesagt, dass ich doch selber schuld sei, schließlich sei ich genauso wie Mama! Immer wieder: Mama war schuld, ich bin schuld! Und die Frau von der Fürsorge? Auch sie wusste Bescheid. Eines Tages wurde sie zum Beispiel Augenzeugin, als Papa mich mal wieder verprügelte. Eingegriffen hat sie nicht. Mein Vater schenkte ihr ab und an mal Blumen! Hilfe war von dort auch nicht zu erwarten."

Trotz guter schulischer Leistungen und überdurchschnittlicher Intelligenz, ist die Betroffene am Leben gescheitert, da sie auch von der Gesellschaft nicht aufgefangen wurde. Gerade von staatlicher Seite, wurde ihr leider immer wieder mit Ignoranz und erneuten Verletzungen begegnet.
Unter dem Erlebnis des Missbrauchs wird jeder Betroffene lebenslang zu leiden haben, trotzdem muss davon ausgegangen werden, dass Betroffene, die außerhalb der Familie diese schlimme Erfahrung machen, durch eben ihre Familie noch aufgefangen werden können, da deren Funktion des Schutzes noch gewärleistet ist. Familiäre Missbrauchsopfer werden dagegen wohl nur in seltenen Fällen noch Halt und Schutz im Umfeld der Familie finden können. Derart betroffene Erwachsene haben oft eine leidvolle Odyssee, durch viele weitere psychische Verletzungen hinter sich, wenn sie seit ihrer Kindheit zusätzlich noch durch jeglich vorhandenes Loch des sozialen Netzes unserer Gesellschaft gefallen sind. Nicht Wenige werden sich heute in der HartzIV-Falle befinden, wo sich ihr Weg mit weiteren verletzenden Erfahrungen fortsetzt. Wie also will die Gesellschaft mit dem Thema umgehen und wie will die Politik damit weiter verfahren? Ein "Runder Tisch" wurde einberufen, nachdem immer mehr sexuelle Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen bekannt wurden - ja super, aber ist es damit getan? Wie bereits angesprochen, wird dort nur auf einen Teilbereich der Misere eingegangen. In Politikerkreisen wurde auch gleich nach der Verlängerung der Verjährungsfristen gerufen und die zuständige Familienministerin, Kristina Schröder, will prompt ein erweitertes Führungszeugnis für zukünftige Erzieher, einführen. Das Konzept läuft auf das immer gleiche Rezept hinaus, mehr Gesetze,mehr Strafen! Das (allein) aber würde zu kurz greifen. Sexuellen Missbrauch, wie Missbrauch jeglicher Art, wird es immer geben, aber es liegt primär am Verhalten der Gesellschaft, wie sehr sie davon durchseucht ist. Genauso wie das Verhalten der Gesellschaft verantwortlich für den anschließenden Umgang mit den "Opfern" ist! Prävention wie Hinhören, Hinsehen und Handeln ist es, was von jedem Bürger gebraucht wird! Ebenso einen veränderten gesellschaftlich Umgang mit eventuellen Tätern. Solche Menschen senden in der Regel schon frühzeitig die entsprechende Signale. Ob sie zukünftig zu Tätern werden, liegt grundsätzlich also auch an der Aufmerksamkeit des Umfeldes! Präventive Zuwendung könnte bereits im Vorfeld Schlimmeres verhindern! Der gesellschaftliche wie politische Konsens zum Thema "Sexueller Missbrauch", tendiert vermutlich aber eher nicht zu einem veränderten Umgang in der Sache. Viel Aufmerksamkeit wird dem Tatbestand geschenkt und die Opfer kommen lediglich am Rande, einer Fußnote gleich, vor. Vermehrte Aufmerksamkeit erfahren die vom Missbrauch Betroffenen immer nur dann, wenn die Presse neuen Fällen ihre Aufmerksamkeit schenkt. Das ist für viele dieser Menschen nicht nur zu wenig Zuwendung, sondern auch die Falsche!
An wen können sich gerade die Opfer wenden, die viele Jahre, oft Jahrzehntelang einsam unter Missbrauchserfahrungen leiden? Deren Leben durch diese Erfahrung völlig entgleiste? Wie sollen diese Menschen entschädigt werden?  

(Name der Betroffenen ist dem Verantwortlichen bekannt. Gleichzeitig ist die Erlaubnis zur Veröffentlichung des Zitats lediglich auf "Schlag-Seiten" beschränkt. Rückfragen werden gerne beantwortet! )